Eigentlich war Gräfin Maria-Theresia von Waldburg-Zeil im Nahen Osten unterwegs, um vor allem mit arabischen Frauen Themen wie Gleichberechtigung und die Kommunikation im Arbeitsleben zu besprechen. Und eigentlich sollte es um den Wissenstransfer aus Mitteleuropa in die arabische Welt gehen. Aber sie hat festgestellt: „Ich nehme jedes Mal so viel mit, wenn ich in diesen Ländern bin.“
Die 41-Jährige Literaturwissenschaftlerin lebt im Allgäu, arbeitet als Coach für Führungskräfte sowie für GETS, einem Unternehmen, das von Wangen aus den Technologie- und Kommunikationstransfer in arabische Länder verfolgt.
Gerne gibt sie zu, dass ihr derzeitiger Beruf auch ihre Abenteuerlust stillt. Sie war schon immer unterwegs: Mit sieben Jahren schickten ihre Eltern sie von Schloss Achstetten aus nach Schottland aufs Internat. Sie wuchs also im britischen Kulturkreis auf und fühlt sich bis heute sprachlich dort mehr zu Hause als in Deutschland. Mit 16 Jahren packte sie zum ersten Mal den Rucksack für eine Reise nach Indien. Heute setzen Zollbeamte in Ländern wie dem Libanon, Ägypten oder dem Iran ihre Einreisestempel in den Pass der Gräfin.
Beeindruckt von den Unterschieden
Schuld daran ist Thomas Haberbosch, der schon lange im Nahen Osten unterwegs ist und dort insbesondere Geschäftsbeziehungen mit der Arabischen Liga unterhält. „Er wollte ein Frauenprojekt auf die Beine stellen“, erzählt Gräfin Waldburg. Und so flog sie nach Beirut und erlebte dort einen denkwürdigen Kongress arabischer Geschäftsfrauen aus 18 Ländern. „Sie waren so unterschiedlich. Allein schon im Äußeren“, sagte sie. Am eindrücklichsten sei es bei der Abendveranstaltung gewesen, die dem zwanglosen Kennenlernen diente. „Manche Frauen waren komplett verschleiert bis auf einen Schlitz in der Burka, andere trugen kurze, knappe Cocktailkleider und wieder andere hatten einen Hauch von fast nichts an“, erzählt sie und lacht über ihr eigenes Kleid. „Ich trug ein langärmliges Kleid, das mich ziemlich bedeckte. Das wäre nicht nötig gewesen.“
Allen Frauen gemeinsam sei aber eine fast unglaubliche Akzeptanz und Lebensfreude gewesen. „Man darf nicht vergessen, sie können durch die gemeinsame Sprache über sehr viele Länder hinweg miteinander sprechen. Das schöne für mich dabei: Ich habe mich nie ausgegrenzt gefühlt, sondern sehr willkommen.“
Sich auch bei der Arbeit treu bleiben
Spannend auch der rein geschäftsmäßige Kontakt bei ihrem Vortrag über „Frauen im Geschäftsleben aus deutscher Sicht“. Sie sprach über die Entwicklung der Gleichberechtigung in Deutschland und davon, dass Frauen lange um ihre Rechte kämpfen mussten. Und auch davon, dass viele diesen Kampf nicht aufgegeben haben. Resultat sei oft eine Neutralisierung der Weiblichkeit. Die Frau trete als schwaches Imitat des Mannes auf und kopiere auch seine Schwächen. Sie vertrat vor den arabischen Frauen die Ansicht, dass Unternehmen erfolgreicher sein könnten, wenn Männer und Frauen sich jeweils auf ihre Persönlichkeit besinnen würden. Gleichberechtigt zu sein bedeute nicht, gleich zu sein.
Eine ihrer Zuhörerinnen schien sich davon besonders angesprochen zu fühlen und fiel offenbar mit wüsten Beschimpfungen über sie her. Sie hatte offenkundig erwartet, dass sie ein klares Handlungsschema für den Umgang mit Männern in die Hand bekommen würde. Fünf Männer standen deshalb auf, diskutierten mit ihr und entschuldigten sich sofort bei der Referentin. Sie nahm es mit Humor: Man könne es auch als ein Kompliment verstehen, wenn ein Redner so eine Wirkung auslöse, findet sie.
Erfahrungen mit Kindern teilen
Mit ihren beiden Kindern versucht sie viel von ihren Erfahrungen zu teilen. Wenn es passt, dürfen sie mitkommen. Aber es gibt auch noch einen anderen Weg, ihnen und anderen Kindern neue Horizonte zu eröffnen: Als die Schülervertretung eine Partnerschule suchte, schlug Gräfin Waldburg eine ihr bekannte Einrichtung in Ägypten vor. Sie hatte sie während eines sogenannten Refa-Projektes kennengelernt, bei dem es um die Vermittlung von Abläufen in Industrie-Betrieben geht.
Die Schüler seien begeistert gewesen von der Idee, mit einer Schule in einem ihnen fremden Land Verbindung aufzunehmen. Und sie hätten letztlich auch ängstliche und skeptische Eltern überzeugt, die von der Idee zunächst überhaupt nicht angetan waren. Inzwischen haben sich Brieffreunde in Kairo gefunden und deren Welt mit ihren vielen Facetten ist Thema beim Mittagstisch in vielen Allgäuer Familien. Wie tief die Verständigung einmal gehen wird, muss sich zeigen. „Aber es ist ein Anfang“, sagt Gräfin Waldburg. Und während ihre Kinder sich mit den Schulkameraden in internationalen Beziehungen üben, ist ihre Mutter in ähnlicher Mission schon wieder in der arabischen Welt unterwegs. Iran, Marokko und Dubai stehen auf der Liste der beruflichen Reiseziele. Jedes davon ein Abenteuer.
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